seniorweb-ch, 13. Juni 2023

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Ehrenkompanien, was soll das?

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Früher hielt ich die Armee, unsere Armee, für ein notwendiges Übel. Jetzt halte ich sie nicht mehr für ein Übel, sondern bloss noch für notwendig.
Soviel vorweg. Trotzdem gibt es bei der Armee, nicht nur bei unserer, Ärgerliches, Komisches und Überflüssiges. Nämlich Ehrenkompanien bei Staatsempfängen.

Wir beginnen mit dem, was uns am nächsten liegt, der Schweizer Armee. 2005 kritisierte ein inzwischen verstorbener Nationalrat in der Fragestunde des Bundesrates unsere Ehrenkompanie. Diese habe ein «absolut erbärmliches unmilitärisches Bild» geboten, schimpfte der Parlamentarier, Name und Partei verschweigen wir. Nach dem Empfang des indischen Staatspräsidenten sei die Formation vom Bundesplatz geschlendert. Nicht mal die Fahnenwache habe sich im Marschritt bewegt.

 

Der Bundesrat räumte ein, dass dies ein Fehler gewesen sei. In seiner Antwort informierte der Bundesrat das Parlament (und uns) über die Schweizer Ehrenkompanien. Diese würden aus Soldaten zusammengestellt, die gerade ihren WK absolvierten. Die Lösung habe sich bewährt.

 

Der zweite Vorstoss stammt vom parteilosen Ständerat Thomas Minder. Er forderte 2013 den Bundesrat auf, die Ehrengarden abzuschaffen. Stattdessen empfiehlt der Schaffhauser unsere «einzigartige Swissness». Minder erwähnt Trachtengruppen, Bernardinerhunde, kulinarische Köstlichkeiten, Orchester oder eine Nationalmannschaft.

 

Wir geben dem Schaffhauser Politiker recht. Doch der Bundesrat glaubt an die Tradition und das Protokoll. Würde dieses nicht eingehalten, schrieb die Regierung in ihrer Antwort, wäre das ein Affront und könnte unseren Auslandbeziehungen schaden.

 

Wenn der Papst in die Schweiz kommt: Franziskus mit Kardinälen 2018.

 

Früher waren solche pseudo-wehrhaften Aufmärsche Kraftmeierei. Die Bewaffneten sollten das Staatsoberhaupt schützen. Heute sind die erstarrten Soldaten nur noch ein Symbol. Wozu sie unbeweglich stehen, ist trotz den Hinweisen des Bundesrats unklar. Thomas Minders Vorschläge sind besser, wenn auch nicht restlos durchdacht (Bernhardinerhunde?). Hier eine Auswahl von Empfängen von heute bis gestern.

 

Wenn der Besuch mit weissen Samthandschuhen angefasst wird: Xi Jinping mit dem früheren deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck 2014.

 

Wenn die kleine Dame die Höchste ist: Queen Elizabeth mit US-Präsident Georg W. Bush 1991.

 

Wenn einer eine Reise getan hat: Die Nationale Volksarmee paradiert in Ost-Berlin vor Walther Ulbricht und Entourage nach der Rückkkehr aus Moskau 1964.

 

Wenn die Säbel blitzen: Indonesiens Präsident Achmed Sukarno vor der Päpstlichen Gendarmerie im Vatikan 1956.

 

Wenn der Kaiser seine Soldaten besichtigt: Willhelm II. vor der Lübeckischen Ehrenkompanie 1913.

 

Soweit so sinnlos, aber unproblematisch. Paradieren hat in diesem Zusammenhang viel mit parodieren zu tun. Ernsthaft wirds, wenn die militärischen Würden Leuten zuteil werden, die eigentlich anderes verdient hätten. Obwohl der sehr geehrte Herr Diktator und der sehr korrupte, nein, der sehr geehrte Herr Präsident eigentlich gar nicht willkommen sind, will man ihnen strammstehend das Gegenteil vorgaukeln.

 


Wenn der Chef bunte Uniformen liebt: Wladimir Putin und eine russische Ehrengarde in historischen Kostümen, Moskau 2020.

 


Wenn sich der Diktator über seine Wiederwahl freut: Syriens Präsident Bachar al-Assad 2021.

 

Gerne hübscht man Staatsempfänge mit Musik auf, vorzugsweise mit den jeweiligen Landeshymnen. Weitherum bekannt sind die Einsätze der Militärkapelle der ägyptischen Armee. Die Formation ist die gefürchteste Einheit Ägyptens.


 

Wenn die Nationalhymne ganz anders klingt: Die Ägyptische Militärkappelle tutet vor Angela Merkel 2017 und gegen Schluss des Videos vor dem früheren französischen Präsidenten François Hollande 2016. Dazwischen: So sollte es tönen. Zu beachten: die steinernen Mienen der Geehrten.

 

 

Link zu Thomas Minders vom Bundesrat abgelehnter Motion

Bilder: VBS, Washingten Post, Archiv Schweizergarde, Screenshot