Berner Zeitung; 2.11.2015


Nein danke

Es gibt manches, was wir brauchen: Essen, Trinken, Schlaf. Es gibt vieles, was wir überhaupt nicht brauchen. Nämlich:


Velokleider. Jetzt im Herbst wird es wieder kälter, und bald wird es lang und viel regnen. Das ist gut so. Denn dadurch sind weniger Rennradgümmeler unterwegs, im Velodress, hauteng und mit Werbeaufschriften. Wollen wir Menschen, die mit beschrifteten Ganzkörperpräservativen unterwegs sind? Nein.


Gedenktage. Der Tag des Butterbrotes ist am ersten Freitag im August. Den Tag der Siebenschläfer verdämmern wir am 27. Juli. Über den Weltlachtag ärgern wir uns am ersten Maisonntag. Ist noch was anzufügen? Ja: Der Weltpinguintag ist am 25. April, der Tag des deutschen Schlagers am dritten Samstag im Januar. Möchten wir am 16. Januar einen Tag der Blockflöte? Nein.


Bärenparklift. Gegen die müden Bären mit dem Unterhaltungswert von Murmeltieren im Winterschlaf ist nicht viel einzuwenden. Gegen den Schräglift gleich daneben schon. Nun können Gehbehinderte zwar auf die Mani von unten wie auch von oben gucken. Was sie aber nicht können: Die untere Altstadt erleben. Sie ist nicht rolligängig: Trottoirs, Treppen, Denkmalschutz. Erstreben wir, dass die Rollstuhlfahrer Bären schauen gehen, aber das hochgelobte Unesco-Weltkulturerbe verpassen? Nein.


Zugnamen. Die Neigezüge der SBB haben Namen, von Le Corbusier über Mani Matter bis zu Harald Szeemann, dem früheren Leiter der Berner Kunsthalle. Schön und gut, denkt der geneigte Zugfahrer. Doch wollen wir wirklich hören, dass «Friedrich Dürrenmatt» eine Störung hat, dass wir bei «Henri Dunant» hinten einsteigen sollen, dass «Johanna Spyri» voll ist oder dass die Toilette von «Jeremias Gotthelf» verstopft ist? Nein.


Winterzeit. Jetzt ist es mehr als eine Woche her, dass wir die Uhren umgestellt und unterdessen auch den letzten Velocomputer geschafft haben. Mit jenem Set-Mode-Laptop-Fingerballett, das für jedes Gerät neue Schritte vorsieht. Brauchen wir zweimal im Jahr diese Zeitenwende? Nein.


Sex. Da waschen wir uns vor dem Essen die Hände. Da wechseln wir Socken und Unterhosen. Da essen wir kein Fleisch (Vegetarier) oder verzichten ganz auf Tierisches (Veganer). Da putzen wir Zähne und Fingernägel. Da duschen wir mit hautaktiven Lipiden und vitalisierendem Dufterlebnis. Haben wir wirklich Lust auf diesen unhygienischen Austausch von Körpersäften?