Berner Zeitung, 13.7.2015


Blöd, blöder, Werbung: Wohlfühl-Shoppingmit Nagellack-Quickie


Auch in Deutschland sprechen sie Deutsch. Eigentlich. Aber die unfreiwillige Komik der Werbung lässt zweifeln. Wir begleiten Herr und Frau Muster ins Centro Oberhausen. Es ist mit 830 000 Quadratmetern Betriebsfläche und 220 Läden das grösste deutsche Einkaufszentrum.


Der Konsumkoloss im Ruhrgebiet wirbt mit «Wohlfühl-Shopping», an den verkaufsoffenen Sonntagen gar mit «Wellness-Shopping». Das geht so: Vor dem Einkaufen gönnen sich Musters einen Kaffee mit «Verwöhnaroma», einen «korngesunden Landkaffee» von Caro. Dann heisst es zu- und einpacken, nämlich das «hautsympathische Waschmittel» von Persil. Und Musters Katze freut sich auf die «saugaktivste Katzentoilette» von Catsanette.


Wenig später, in der Lebensmittelabteilung, bleibt allerdings ein drängendes Problem vorerst ungelöst. «Hat Ihr Immunsystem heute schon gefrühstückt?», fragt die Grossmolkerei Danone besorgt auf einem Plakat. Doch der Konzern sorgt für Rettung. Actimel heisst sein Joghurtgetränk, das unserem Abwehrsystem als Zmorge dient.


Nun zieht es Frau Muster in die Kosmetikabteilung. Sie erschrickt. Offenbar hat sie etwas verpasst. Nämlich den Unterhaltsservice für ihre Haare. Das muss sie annehmen, als sie die Werbung für Alpecin-Shampoo liest: «Wartung für ihre Haare», steht da. Frau Muster kauft. Herr Muster indessen gähnt. Ist auch kein Problem: Alpecin hilft ebenfalls gegen Müdigkeit. «Damit Ihre Haarwurzeln nicht einschlafen», steht auf der Packung.


Wer konsumiert, transpiriert. Gut gibt es den Deo «für achselfrische Sicherheit» von 1-2dry. Musters sind modern und unverkrampft. Frau Muster gönnt sich ein Fläschchen Maybelline Color Show, «der Quickie unter den Nagellacken». Aufgeschlossen oder nicht: So ein Quickie kann eifersüchtig machen und Ehen gefährden. Musters wissen sich zu helfen. Statt in die Paarberatung gehen sie dorthin, wo die Maschinen surren. «Erhalt’ das Glück in deiner Eh’ durch ein Gerät von AEG», lesen sie hier. Die Steamer in der Elektroabteilung sind neu. Der Spruch ist alt, sehr alt, von 1950. Und beweist: Werbung war schon früher blöd.


Das war wieder mal Deutschland-Bashing. Hat gut getan. Doch auch im lieben Schweizerland sind tüchtige Werber am Werk. Für den südafrikanischen Kondomhersteller Pronto textete eine hiesige Agentur: «Schneller drauf, schneller drin».