Bargeld verschwindet immer mehr. Wer nicht mit der Karte oder dem Handy bezahlen kann oder will, landet im Abseits. Der digitale Wandel trifft vor allem die Alten.

 

Nachgeborene erinnern sich nicht mehr. Aber da gabs doch im Tram einen Kondukteur, einen Schaffner. Dem sagte man, wohin man wollte, zum Goldbrunnenplatz oder zur Gurtenbahn. Man gab ihm das Münz, und er kümmerte sich um das Billett und das Herausgeld. Lang, lang ists her.

 

Vor zwei Wochen sah ich im unterirdischen Berner RBS-Bahnhof wie sich ein altes Pärchen mit dem Billetautomaten abplagte. Sie drückte hier, er drückte da. Dann gingen sie zehn Schritte weiter zum Schalter, wo ihnen die freundliche RBS-Dame das gewünschte Ticket samt Rückgeld gab.

 

Das nette Seniorenpaar wird vermutlich nicht mehr lange auf die Hilfe der netten Schalterdame zählen können. Denn: Immer mehr wird Bargeld in die Schämdi-Ecke gedrängt. Wer nicht mit dem Kärtli, dem Handy und der Twint-App umzugehen weiss, verliert den Anschluss. Viele Ticket-Automaten haben keinen Münz- oder Notenschlitz mehr. Restaurants beharren auf elektonischer Überweisung, Parkhaus-Automaten und Tankstellen desgleichen.

 

 Bald nicht mehr mit Bargeld. Postauto plant, dass die Chauffeure keine Tickets mehr verkaufen. Im Bus werden Automaten stehen, die nur mit Karte oder Twint Billette herausgeben.

 

In den Postautos soll man künftig nicht mehr bar beim Chauffeur ein Ticket lösen können. Die Reisenden müssen im Bus einen Automaten bedienen – ohne Münz- oder Notenschlitz. Im Wortsinn das Innerste leidet, wenn sich die Türen von Toiletten-Anlagen nur mittels Kartenzahlung öffnen lassen. Die SBB haben sich für ihre bargeldlosen Anlagen eine besonderen Gag ausgedacht. Sans blague: Wer kartenlos unterwegs ist, soll an den Selecta-Verpflegungs-Automaten mittels Bargeld eine WC-Zutrittskarte kaufen.

 

 Schon jetzt nur noch bargeldlos. Achtung, ernst gemeint: Die Kundschaft soll am Selecta-Getränke- und Snack-Automaten mit Münz eine Zutrittsberechtigung zu den WC-Anlagen der SBB kaufen (Bild). 

 

Da wollte ich in einem grossen Bahnhof meine leiblichen Geschäfte erledigen. Als Debitkarten-Akrobat öffnete ich problemlos die WC-Schwingtüren. Als ich rauskam wartete eine Touristenfamilie verzweifelt vor den Eingängen. Wie helfen? Den Spanischsprechenden pantomimisch den Selecta-Trick erklären? Ihnen als weisser Plastikkarten-Ritter die Türen öffnen? Pardon, äxgüsi, aber der Zug fährt gleich ab.

 

So fertig mit den Witzeleien. SBB, Verkehrsbetriebe, Toiletten-Betreiber, Ticketautomaten-Verantwortliche & Co. bitte herhören: Das könnt ihr doch nicht machen – alte Leute von einem wichtigen Teil des öffentlichen Lebens ausschliessen. Da schwafeln die Meinungsführer von Inklusion, von Teilhabe. Die öffentliche Schweiz fördert eifrig Unisex-Toiletten, beschwört mit grossen Worten die Solidarität, kümmert sich rührend um nonbinäre Personen, diskutiert, ob Geschlechtsangleichungen kassenpflichtig werden sollen, teilt uns mit, dass wir alle Rassisten seien.

 

 Und schliesst die Betagten aus.

 


Eigentlich wollte ich diese Kolumne mit einem Bild und einem Song von Jonny Cash beenden. Hä ja, Cash, lustig nicht? Aber dann merkte ich dass Jonny Cash (1932 bis 2003) ein zu guter Sänger war um ihn zu einem schwachen Gag zu missbrauchen,