Berner Zeitung, 15.7.


Zum Beispiel Kohle schaufeln: Jobs für Rentner


Senioren sollen länger arbeiten, sagen Politiker. Okay. Weil die Altersguillotine spätestens mit 65 fällt, können sie es im angestammten Beruf meist nicht. Was passiert, wenn sie jenseits der Pensionierungsgrenze neu starten und bezahlte Arbeit suchen? Ich habs probiert. Mit durchzogenem Erfolg.


– Büros putzen. Die Absteller zuerst. Ich habe drei Reinigungsfirmen und drei Kurierdiensten mein Dossier gemailt. Alle suchen Mitarbeiter. Ein Putzinstitut beschied, dass ich den Anforderungen nicht genüge. Auf die Reaktion der übrigen fünf Betriebe warte ich nach zwei Wochen immer noch.


– Geld sammeln. Die Firma Corris sucht Leute, die auf belebten Plätzen Geld sammeln, etwa für den WWF. Dialoger nennt Corris diese Mitarbeiter. Von Ehemaligen hört man Schauerliches über die Arbeit und den Betrieb. Eigentlich wäre ein seriöser älterer Herr, der um Spenden bittet, eine gute Geschäftsidee. Doch: Ich passe nicht ins Jobprofil, mailt Corris. Ich atme auf.


– Wohnungen zügeln. Auf dem Onlineportal Arbeitsrentner.ch bieten Senioren gegen Bezahlung vielfältige Dienste an. Ich empfehle mich für den Garten, für Reinigungen, Kurierdienste und fürs Zügeln. Trotz meinem moderaten Stundenansatz von 22 Franken habe ich seit dem Start vor zwei Wochen kein Angebot erhalten.


- Taxi fahren. Auf den ersten Blick erfreulich sind die Resultate, nachdem ich mich beim Portal Jobrapido.com eingetragen habe. Innert 12 Tagen erhalte ich sieben Mails mit Hinweisen über Stellen, die auch Rentnern offenstehen. Bloss: Es sind stets die gleichen drei Angebote: Taxi fahren in Pratteln, Parkplatz bewachen am Hallwilersee, Telefonwerbung in Thun. Danke, ich verzichte.


+ Tickets kontrollieren. Nach diesen frustrierenden Erfahrungen tut es gut, dass die Securitas eine Tür öffnet. «Ja, wir stellen stundenweise auch Pensionierte ein», heisst es dort. 23 bis 28 Franken pro Stunde bekäme ich als Ticketkontrolleur, Bewacher oder nach entsprechender Ausbildung als Verkehrsregler.


+ Zeitungen austragen. Am liebsten gleich morgen anstellen würde mich die Presto Presse-Vertriebs AG. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Tochtergesellschaft der Post vertragen frühmorgens Zeitungen. Auch die BZ gehört dazu. Werktags bekommen die Zusteller rund 20 Franken pro Stunde. Am Sonntag hat die Morgenstund mehr Gold im Mund, nämlich etwa 29 Franken. Weil ich mich inkognito meldete und dann absprang, sind die Presto-Disponenten enttäuscht. «Jetzt, während der Ferien, brauchen wir dringend Leute», klagen sie. Als Wiedergutmachung ein bisschen Werbung: Früh am Morgen Zeitungen auszutragen, besonders diese, macht froh und ist gesund. Post.ch/presto