Berner Zeitung, 1.12.2011


Aus Steiger
An 267 Tagen anirgendwas denken


Kürzlich war der internationale Welttoilettentag. Wirklich, das gibt es. Ist ja auch ein drängendes Thema. Was bedeutet dieser Tag für den älteren Menschen? Dieses Problem ruft nach einem energischen, aber auch empfindsamen journalistischen Zugriff. Der Betagte auf der Toilette nämlich, das ist… äh … nein, ich schaffs nicht. Ein solches Thema zu bewältigen, erfordert übernatürliche Kräfte.


Leichter ist es, darüber zu klagen, dass die Senioren bei diesen Welttagen krass untervertreten sind. Gefühlt gibt es 1000 solche Tage, gezählt sind es 267, die nationalen Feiertage nicht eingerechnet. Bloss ein einziger dieser internationalen Anlässe ist den Betagten gewidmet: der 1. Oktober, der Tag der älteren Menschen.


Am weitaus häufigsten, nämlich an 40 Tagen im Jahr, soll man an die Kranken und Behinderten denken. Weit abgeschlagen folgen die Kinder (15 Tage) und die Tiere (8). Unter anderem erfordern der Murmeltiertag am 2. Februar und der Schildkrötentag am 23. Mai unsere Aufmerksamkeit.


Am ersten Sonntag im Mai ist der Tag des Lachens. Eigentlich müsste es zusätzlich noch einen Tag geben, an dem man sich ausschliesslich über diese Welttage amüsiert. Um die Heiterkeit zu ordnen, lassen sich die Tage in Sach-, Fach- und Lachgebiete unterteilen. Ums Essen und Trinken geht es am Tag des Biers (23. April), am Anti-Diät-Tag (6. Mai), am Tag des Butterbrots (letzter Freitag im September) und am Weltnudeltag (25. Oktober). Die Vegetarier tagen am 1. Oktober, die Veganer am 1. November.


Interessanten Berufen gewidmet sind der Sekretärinnentag am 22. April und der Putzfrauentag am 8. November. Ach ja, am 2. Juni ist Prostituiertentag. Zu diesen eher körperlich orientierten Gedenkdaten gehört der Weltknuddeltag (21. Januar) und der Tag des Kusses (6. Juli).


Zurück zu den Senioren. Ein einziger Tag also ist ihnen gewidmet, der 1. Oktober. Kein Rollator-Tag, kein Rentner-Tag. Den Friedhoftag (3. Sonntag im September) und eben diesen Tag des stillen Örtchens am 19. November als Alterstag einzustufen, verbietet der gute Geschmack.
Der Toilettentag lässt sich allerdings auch nicht den Lachdaten zuordnen. Er hat einen ernsten Hintergrund und erinnert daran, dass die meisten Menschen auf dieser Erde unter miserablen sanitären Einrichtungen leiden.

Schmunzeln darf man dennoch. Die Statistiker (sie feiern ihren Tag am 20. Oktober) haben für den Toilettentag die klo-balisierte Welt ausgemessen. Sie haben herausgefunden, dass wir Westler mehr Zeit für WC-Sitzungen aufwenden als für Gespräche mit unserer Partnerin, unserem Partner.
peter.steiger@bernerzeitung.ch