Berner Zeitung, 6. September 2017

Wo es den Ehrendoktor ab Stange gibt


Titelhandel So ein Dr. h. c. in der Adresse gibt was her. Leider muss diese Würde mühsam erworben werden. Nicht so bei Eberhard Bräun in Kreuzlingen. Nötig sind bloss ein paar Unterlagen. Und Geld.

Jahrzehntelang arbeiten, damit einem vielleicht eine Uni den begehrten Titel verleiht? Ach was. Für rund 31 000 Franken gibts den Ehrendoktorhut ab Stange. Besondere Verdienste? Nicht nötig. Personalausweis und Lebenslauf einschicken genügt. Im Angebot ist diese Würde bei Eberhard Bräun in Kreuzlingen, Pardon, bei Prof. Dr. h. c. Bräun, «Beratung für das Hochschulwesen» betitelt er seine Website.


Bräun vermittelt akademische Ehrengrade. Diese Zeitung hat die Offerte getestet. Wenige Tage nach der Anfrage kam die Antwort. Ein «wissenschaftlicher Rat» werde die Angaben überprüfen, schreibt Bräun. Was das Gremium untersucht, bleibt unklar. Und unwichtig. Die Zusage kommt eh – allerdings erst, wenn das Geld überwiesen wurde.


Beschimpfungen als Antwort


Auf seiner Website erklärt Eberhard Bräun, dass er damit ein Kinderhilfswerk in Kirgistan in Zentralasien unterstütze. Er lässt durchblicken, dass die durch den Titelanwärter ermöglichte Spende der Grund für die Ehrendoktorwürde sei.


Nicht explizit erwähnt, aber anzunehmen ist, dass eine kirgisische Uni die Auszeichnung verleiht. Laut Bräun werde die Urkunde am Sitz der Hochschule durch den Rektor übergeben. Falls gewünscht, bringe aber auch der Pöstler das Papier.


Wie der Ertrag aus dem Titelhandel verteilt wird, gibt Bräun nicht preis. Statt Fragen zu beantworten, reagiert er mit Beschimpfungen. So erfahren wir auch nicht, wie viele Urkunden er vermittelt, wer diese bekommen hat und wieso er nicht mehr in Deutschland, sondern in Kreuzlingen arbeitet.


Neben Bräun vertreiben auch andere Onlineanbieter Auszeichnungen. Interessierte können unter anderem Pastor, Bischof oder Baron werden. All dies zu günstigen Preisen. Für 45 bis 120 Franken verleiht ein California Church and University Institute die Würden.


Anzunehmen ist, dass die obskure Glaubensgemeinschaft kaum auf Gottes Beistand, sondern auf ahnungslose Kunden hofft. Ob Baronin oder Priester: Die Beurkundungen lassen sich mühelos als Unfug taxieren. Bei Bräuns Angeboten ist dies nicht so leicht zu erkennen.


In der Schweiz darf sich privat jeder Ehrendoktor nennen, allerdings mit Einschränkungen. Christina Baumann vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation: «Wenn mit dem Titel eine Leistung bezogen wird, zum Beispiel, wenn man sich für eine Arbeitsstelle bewirbt oder man sonst Vorteile ziehen könnte, ist die Herkunft anzugeben.» Auf Bräun bezogen heisst dies: Wer bei der Jobsuche prahlen will, muss beim Dr. h. c. die kirgisische Uni anfügen.


In Deutschland verboten


Die Deutschen gehen mit den Ehrendoktoren im XS-Format und damit mit Bräun weniger nachsichtig um. Zuständig für die Hochschulgesetze sind die Bundesländer. Die Voraussetzungen für die Titel unterscheiden sich jedoch kaum.


Bräun, der vorher in Deutschland gelebt hat, sei dem baden-württembergischen Wissenschaftsministerium «nicht unbekannt», teilt Jochen Schönmann von ebendiesem Ministerium mit. «Es gab bereits Anfragen zu den Ehrengraden und -titeln, die Herr Bräun vermittelt hat. Gemäss unseren Gesetzen dürfen solche Titel nicht geführt werden.» Das Vermitteln eines solchen Grades gegen Vergütung werde geahndet, wer einen solchen Titel führe, mache sich strafbar, ergänzt Schönmann.

 

In der Schweiz muss sich Bräun nicht vor der Justiz fürchten. Nachsichtig urteilen auch die Unis. Jene Stellen, welche die etablierten Titel verleihen, müssten darauf achten, dass diese nicht weichgespült werden. Diese Zeitung hat bei den Universitäten Zürich und St. Gallen nachgefragt. Und zusammengefasst die gleichen Antworten erhalten: Selber verleihe man diese Auszeichnungen nur nach strengster Prüfung. Wie andere sich verhalten, bewerte man nicht.


«Schindluderei»


Immerhin urteilt die Universität Bern resoluter. Der Leiter des Rechtsdienstes, Christoph Pappa, bezeichnet Bräuns Wirken als «ekelhafte Geschäftemacherei». Allerdings glaubt er nicht, dass die gekauften Auszeichnungen viel Schaden anrichten. «Weil Fachleute den Hintergrund durchschauen, konkurrenzieren sie die durch seriöse Verdienste erworbenen Titel kaum.»


Diese Ansicht teilt ein wirklicher, wahrhaftiger Ehrendoktor. Der promovierte Berner Historiker Marco Jorio erhielt diese Ernennung 2015 für seine Arbeit als Chefredaktor des Historischen Lexikons der Schweiz. Zwar bewertet auch er Bräuns Wirken als «Schindluderei». In akademischen Kreisen würde man sich mit solchen Schmucktiteln lächerlich machen. «Ich kann mir aber vorstellen», so Jorio, «dass man damit in eher obskuren Geschäftsbereichen Seriosität vortäuschen kann.»