Berner Zeitung, 6. Februar 2017

Wieso der Sündenfall keine gute Idee war

Schlange, Apfel, Sünde, Adam, Eva. Die Schlange frass nicht vitaminangereicherte Tiefkühlmäuse, sondern einfach Schlangenfrass. Der Apfel hatte weder einen Biokleber noch ein Label für artgerechte Pflanzenhaltung. Als sich Adam und Eva nach dem Sündenfall nach Kleidern umsahen, mussten sie nicht Etiketten enträtseln. Heute ist alles ein bisschen komplizierter.


Weisst du, wie viel Sternlein stehen? Nein, keine Ahnung. Dafür weiss ich, wie viele Sorten Katzenfutter bei Coop zu kaufen sind: 176. Die Migros hat 144. Wenn mehr als ein Dutzend Möglichkeiten zur Auswahl stehen, neigen sensible Menschen zu Panikattacken. Doch mein Büsi heisst Einstein und kennt darum den Unterschied zwischen One Adult Getreide-Kroketten (Vollkorn) und Vital Balance Lachs und Gemüse.


Weisst du, wie viele Räder drehen? Nö. Aber ich weiss, wie viele Varianten man hat, ein neues Auto zusammenzustellen. Konfigurieren nennt man das und macht es online. Für ein 08/15-Fahrzeug stehen bis zu dreissig Menüs mit Untermenüs und mit bis zu zehn Wahlmöglichkeiten zur Verfügung. Um sich durchzuarbeiten, sitzt man anderthalb Stunden am Compi. Wer verschiedene Modelle oder Marken vergleichen will, das ist ja der Sinn der Übung, klickt tagelang durch tausende von Varianten.


Weisst du, wie viele Pandas, Marienkäferli und Knospen in den Regalen sind? Ja, weiss ich. In der Schweiz gibt es rund 290 Labels. Etwa 65 davon zertifizieren Lebensmittel. Ein Etikettli gibt es für Alpenschweine, Biohotels, für das Beste aus der Region Uster und für Tattoo- und Piercingbuden. Das Eidgenössische Büro für Konsumentenfragen kanalisiert mit einer Liste die Labelschwemme. Das Büro hat den richtigen Namen: Konsumenten fragen, was diese Flut soll.


Weisst du, mit wie vielen verschiedenen Grössen deine nächste Hose angeschrieben ist? Ja, aber ich möchte es lieber nicht wissen. Am Durcheinander im Kleiderladen ändert sich ja eh nichts. Wenn eine Frau was kauft, muss sie ein Etikett enträtseln, auf dem fürs gleiche Kleid bis zu fünf Grössen stehen. Zum Beispiel: 40 (Schweiz), 44 (Italien), 42/44 (Frankreich), 38 (GB), 14 (USA). Männer dürfen sich überdies ärgern, dass die Hemdengrössen nicht mit jenen der Vestons korrespondieren und dass bei der Unterwäsche völlig andere Skalen gelten.