Berner Zeitung, 30. Oktober 2017

Am Wochenende war wieder mal Set-Modus-Hold-Party

Der Samstag vorgestern war wieder mal einer jener unspektakulären Arbeitstage, wie sie für uns Journalisten halt gewohnte Routine sind. Ich schlug die schwarze Satinbettwäsche zurück, zog den Seidenpyjama aus und schwamm nach der Dusche in meinem Indoorpool die gewohnten zehn Runden. Nach dem kleinen Champagnerfrühstück und einem Quickie mit dem Model aus der Villa nebenan fuhr ich mit dem Tesla ins Gym Fit.


Dann traf ich mich mit meiner Whistleblowerin aus dem Bundesrat.
Ich erfuhr, dass ein Mitglied der Regierung bis vor kurzem Mitglied bei einer Waffenlobby war, ein anderes verdeckt für den IS arbeitet und eines seine Freizeit beim Ku-Klux-Klan verbringt. Anschliessend probierte ich bei meinem Lieblingsschneider einen neuen Massanzug und kaufte fünf Rubenstein-Hemden. Am Abend dann... Ja, was tat ich da? Was macht man in Bern am Abend, wenn man so viel verdient wie ich?


Am nächsten Morgen jedenfalls drückte ich im Uhrmodus zweimal die Set-Taste. «Pressen Sie Adjust um Werte höher und Start/Stop dafür Wechsel in Stunden/Minuten.» So steht es im Manual zu meinem Velocomputer, und so oder ähnlich fordert mich ein gutes Dutzend weiterer Betriebsanleitungen heraus. IT-Kauderwelsch lese ich unter anderem bei meiner lustigen elektronischen Kuckucksuhr, beim alten Reisewecker oder beim durchgestylten Fixtelefon.


In der Nacht vom Samstag auf den Sonntag gaben sich wieder mal die Sommerund die Winterzeit die Hand, und das Festival begann: «Kehren Sie zum Uhrmodus zurück, drücken Sie die Set-Taste auf der Rückseite dreimal, realisieren Sie den 24-Stunden-Bereich, und bestätigen Sie mit zweifachem Start/Stop.»


Dass wir wieder mit Adjust, Reset und Press Hold geflutet wurden, ist ja nur das eine. Ebenso unerfreulich ist, dass jetzt bald wieder Winter wird. Klirrend kalte Tage reihen sich zu dunkel-trüben Monaten. Gewiss gibt es auch mal hübsche Schneelandschaften zu gucken. Aber um so was anzusehen, dafür brauche ich nicht 24 Stunden. 23 genügen vollauf.


Umgekehrt ist der Sommer ja bedeutend lebenswerter. Die Röcke der Frauen sind kürzer, der Aareschwumm angenehmer, der Grillabend entspannter. Die Sommertage zuungusten des Winters auf 25 Stunden aufzustocken, scheint angebracht. Aber wie so vieles wird auch diese Idee auf Unverständnis stossen – bei den Kühen, die so unflexibel sind, dass sie stets zur gleichen Zeit gemolken werden wollen. Blöde Rindviecher.