Berner Zeitung, 29. Mai 2017

 

Kätzchen, so schnusig, Hündchen, so herzig

 

Wir haben Katzenbabys, so herzig, wollt ihr nicht zwei, drei?» So tönt es derzeit an jeder Ecke im Quartier. «Wir haben Hundewelpen, so süss, wollt ihr nicht ein halbes Dutzend?» So tönt es aus allen übrigen Winkeln im Quartier. Bei solchen Klängen muss man ein gutes Herz haben, ein hartes Herz. Denn die Knuddeldinger haben es in sich: Sie werden gross, sie stoffwechseln, sie machen Junge. Auf dass man dann an allen Ecken und Winkeln steht und den Leuten Kätzchen und Hündchen in die Tasche schmuggeln muss. 

 

Aber müssen Haustiere denn immer Säugetiere sein? Insekten sind doch auch putzig. Zum Beispiel die Bienen. Sie sind fleissig und preisbewusst. Ein Pfund Blütenhonig kostet 8 bis 10 Franken, Rapshonig sogar noch mehr. Als kritischer Konsument fragt man sich allerdings, wie die Bienen diesen Premiumhonig produzieren. Wahrscheinlich steht der Imker auf dem Acker. «Hereinspaziert, Fräulein Maja», sagt er, «bitte bedienen Sie sich hier auf diesem Rapsfeld, hier ist die Marge grösser.» 

 

Ausgezeichnet als Lebensbegleiter eignen sich auch Marienkäfer. Mit ihrem schwarz gepunkteten roten Outfit ist der Evolution ein Designhit gelungen. Leider sind es arg verfressene Tiere. Ihre Leibspeise sind Blattläuse. Das erfordert vom Marienkäferliebhaber strategisches Denken und einen etwas peinlichen Gang ins Gartenfachgeschäft. 

 

«Haben Ihre Pflanzen Blattläuse?», wird er das Personal fragen. Worauf die Fachkraft pikiert antworten wird: «Nein, mein Herr, unsere Gewächse haben keine Läuse.» Nach einigem Hin und Her wird ihm die Expertin im Gartenfachgeschäft dann Kapuzinerlisamen verkaufen, «die sind anfällig für Blattläuse». Erwartungsfroh wird der Marienkäferfreund zu Hause säen und giessen, die spriessende Kapuzinerkresse herzlich willkommen heissen und sich auf die schwarz-rote Bescherung freuen. 

 

Das war jetzt der theoretische Teil. Nun folgt die Praxis. Die Kapuzinerli wuchsen in unserem Balkongärtchen, und die Blattläuse feierten tatsächlich Party. Von den Marienkäfern hingegen fehlte jede Spur. «Wir haben ganz süsse Läuschen», verkünden wir zurzeit im Quartier, «wollt ihr nicht ein paar Tausend?»