seniorweb.ch, 13. Mai 2025
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Schlaue Windeln, Haarsprays, Kleiderbügel
Alle, fast alle, reden von Künstlicher Intelligenz. KI prägt zusehends, was wir als Informationen aufnehmen. Das ist neu. “Intelligenz“ als Eigenschaft ihrer Produkte verkaufen uns Hersteller und Werberinnen jedoch schon seit vielen Jahren.

Wir kaufen intelligente Kleiderbügel, Bewässerungsanlagen, Zahnbürsten, Haarspray, Blumentöpfe und, besonders interessant, intelligente Knetmasse und Windeln mit Pippi-Sensor.

 

Intelligent bedeutet, dass er (sie, es) kommunizieren kann. Vorgestern habe ich mich mit einem solch gescheiten Mitbewohner meines Schranks unterhalten. Ich sprach mit dem Kleiderbügel Flexiform-Fit. So bezeichnet ihn der Produzent. Er, der Bügel, kann sich immerhin selbständig zusammenlegen. Hier nenne ich den klugen Helfer kollegial Flexi.

 

Flexi und ich sprachen über IQ-Tests. Dieses Bewertungssystem schaffe Klarheit, lobte Flexi. So wisse man nun, dass das intelligente Bewässerungssystem Gardena Micro Drip einen IQ von 105 habe, die intelligente Zahnbürste von Oral-B auf immerhin 93 komme. Den Haarspray, den die Kosmetikfirma L’Oréal als intelligent bezeichnet, müsse sich halt mit 83 begnügen. Als zurückhaltender Mensch unterliess ich es, zu fragen, welchen IQ-Wert Windeln mit Pippi-Sensor haben. Und ganz diplomatisch verkniff ich mir die Frage, wie es um den IQ von klappbaren Plastikbügeln steht.

 

Besondere Zuwendung verdient die vom Hersteller als intelligent bezeichnete Knetmasse, Originaldeutsch als Knete bezeichnet. Knete ist ein Kinderspielzeug. Es gibt die Masse in verschiedenen Ausprägungen. Sie unterscheiden sich durch Farbe, Konsistenz und durch die Beimischungen. Achtung Vegetarier: Die blutrote Variante erinnert durch Farbe und Haptik an ein mageres gut abgehangenes Rindsfilet. Man kann die Knete knautschen, knutschen, flach pressen, an die Wand schmeissen, sehr verlockend also.

 

Intelligent, von links nach rechts. — Gardena-Bewässerung. — Windel mit Pippi-Alarm. —Hapifork, bei allzu schnellen Essern, wechselt die Gabelfarbe.— Smarte Kosmetik, irgendwas gegen dumme Runzeln..

 

Wenn uns dereinst Wesen aus dem Weltall besuchen, werden sie bei uns nach Intelligenz Ausschau halten. Und vorerst enttäuscht sein. KI, Künstliche Intelligenz, sieht man ja nicht. Und was sie erblicken, macht keinen gescheiten Eindruck. «Nichts vorhanden», werden sie melden, wenn sie als erstes auf einen Fussballfan-Marsch stossen oder Kehrichtsäcke am Pfingstmontag auf der Strasse entdecken. Weil die kleinen grünen Männchen beharrlich sind, werden sie schliesslich doch noch Erfolg haben. Erstaunt werden sie dem Raumschiff mitteilen, wie hier die Intelligenz zutage tritt: Die Grossverteiler würden intelligente Waschmittel anbieten. In den Läden gäbe es intelligente Kosmetik zu kaufen (mit patentierter Tri-Faktor-Formel). Und der Versandhandel würde intelligente Gabeln vertreiben (Hapifork, warnt, wenn der Benutzer zu schnell isst).

 

Die extraterrestrischen Manöggeli werden trotzdem enttäuscht sein. Viele Produkte mit der Bezeichnung intelligent verdienen eher das Etikett blöd. Als intelligent preisen Hersteller Schuhe an (mit Fitness-Sensor und Navi) oder Wäschekörbe (mit Benachrichtigung wenn sie voll sind). Es gibt intelligente Schrankfolien (schlau, weil rutschfest) und intelligente Tüten (aus oxo-bioabbaubarem Plastik).

 

Klappbügel Flexi und ich beendeten unsere Unterhaltung mit der Frage, wie gescheit Leute sind, die Windeln mit Pipi-Sensor als intelligent bezeichnen. Ich reagierte milde, Flexi kritisierte ungehalten: «Saublöd sind die», sagte er. Wirklich: Flexiform-Fit ist ein intelligentes Kerlchen.