Hier verkündet der Kolumnist, dass er seinen Führerschein abgeben will. Morgen? Nein, das doch nicht. Ūbermorgen? Nume nid jufle.

 

Nur wenns trocken und hell und wenn kein Verkehr ist. So ein richtig toller Automobilist war ich nie. Durchschnitt eben. Einmal durch die Prüfung gefallen. Jetzt haperts noch mehr. Ich versuche, mit Vorsicht und Konzentration auszugleichen. Und ich beschränke mich. Ich fahre nie mehr nachts, fast nie mehr wenns regnet, schneit oder nebelt. Dennoch fühle ich mich hin und wieder unsicher.

 

Lappi tritt endlich ab. Nun höre ich Herrn Rüegsegger, 72: „So gib doch endlich das Billett ab, du Lappi.“ Und ich vernehme Frau Ägerter, 69: „Denken Sie doch ans Risiko für sich und die anderen.“ Es gibt Herrn Rüegsegger und Frau Ägerter nur in meiner Kolumne. Trotzdem antworte ich, 76, dem supponierten Paar: „Ja, ihr habt recht. Und in ein, zwei, drei, vier Monaten gebe ich den Führerschein ab, wirklich, versprochen. Aber: Es fällt mir schwer, sehr sehr schwer.“

 

Kostbarer Plastik. Und damit bin ich beim eigentlichen Thema angelangt: Das blass gelb-rosa-graue Plastikkärtchen zu entsorgen, bedeutet, vieles zu verlieren. Seniorweb hat vor zwei Jahren die Leserschaft gebeten, sich zum endgültigen Abschied vom Lenkrad zu äussern. Ein gutes Dutzend Frauen und Männer schrieben uns. Das Ergebnis lässt sich zusammenfassen: Friede, Freude, ŌV. Alle, fast alle, beurteilten den Verzicht als positiv. Ein einziger Mann bekundete Mühe. Aus gesundheitlichen Gründen die Fahrerlaubnis abzugeben, das würde ihn im Herz treffen.

 

 

Der endgültige Stopp. Viele glauben, dass sie ohne Führerschein Lebensqualität verlieren.

 

Rausschmiss tut weh. Unterdessen haben sich einige (sehr wenige) Autofahrerinnen und –fahrer gemeldet, denen es ebenfalls schwer fällt, zum letzten Mal den Zündschlüssel rauszudrehen. Doch der Eindruck bleibt: Wer aus irgendwelchen Gründen gezwungen ist, das Billett abzugeben, der hält den Mund. Der Hobby-Psychologe in mir ahnt: Der Rausschmiss aus der Fahrgemeinde lässt einen fürchten, dass sich die Lebensqualität verringert. Ich darf abstimmen, ich darf wählen, ich darf selbstverständlich Steuern zahlen. Doch die grosse Freiheit, die (fast) uneingeschränkte Mobilität, die nimmt man mir.

 

Lieber ein multipler Versager. Ich dreh mal ein bisschen an der Schraube. Und behaupte: Der Ex-Fahrer, die Ex-Fahrerin leidet. Und schweigt. Eher räumen wir ein, dass die Karriere auf dem Stumpengeleise geendet hat. Eher geben wir zu, dass auch die dritte Ehe gescheitert ist. Eher verraten wir, dass der Sex eine ziemlich müde Angelegenheit war. Als dass wir öffentlich kundtun, dass wir nicht mehr autofahren dürfen.

 

In zwei, drei, vier, fünf Monaten gebe ich den Führerschein ab. Wirklich, versprochen.