Berner Zeitung, 13. November 2017

Mit ein paar Klicks alles und ein bisschen mehr

Ich lebe in der besten aller Welten. Gestern hat mir Dan, Nachname unbekannt, auf dem Computer ein topseriöses Angebot gemacht.
Mehr Geld. «Willst du eine Villa, ein schickes Auto, eine tolle Weltreise? Ich zeige dir, wie du mühelos jeden Monat 5000 Franken oder noch viel mehr dazuverdienen kannst. Dieses Angebot gilt nur für dich. Bitte hier anklicken.» Wenn ich mal eine Villa brauche, werde ich klicken.


Mehr Erfolg. Dort lebe ich mit Jasmina. Sie hat sich in mich verliebt. Bin halt schon ein toller Kerl. Ohne mich je gesehen zu haben, ist das passiert. Aber: «Weil ich so schüchtern bin», schreibt Jasmina, «getraue ich mich nicht, dir das direkt zu sagen». Deshalb hat sie sich auf dem XY-Dating-Portal angemeldet. «Dort findest du alles, was du über mich wissen willst.»


Mehr Möglichkeiten. Nur ein paar Klicks, und schon sind wir vereint. Was aber, wenn das Zusammensein mit Jasmina, nun ja, gewisse Probleme bietet? Schliesslich ist sie viel jünger als ich. «Wenn die Not am höchsten, ist die Rettung am nächsten.» Das ist von Bertolt Brecht. Und der muss es ja wissen, er hatte es ja auch mit den Frauen. Allerdings konnte er damals noch nicht die gleichen Möglichkeiten nutzen wie ich. Denn:


Mehr Zentimeter. «Lust auf ein paar Zentimeter mehr?» fragt mich ein Mail, das in meinem Postfach gelandet ist. «Entscheiden Sie sich für eine Bathmate-Wasser-Penispumpe oder einen Penisvergrösserer von Andropenis.» Mach ich. Der Hydromax Xtreme für 269 Franken ist das Richtige für mich.


Mehr Glück. Unten mehr, oben weniger Zentimeter. Dieses Glück verspricht die Jokebe-2-Wochen-Turbo-Diät, die sich als Google-Anzeige breit macht. Wird mit praktischem Shaker und praktisch mit Jo-Jo-Effekt geliefert.


Mehr Millionen. Villa, Jasmina, Hydromax, Turbopillen: Da reicht der Monatszustupf von 5000 Franken nicht weit. Zum Glück hat mir Mr. Ahmed Ubanga aus dem westafrikanischen Sierra Leone auf Facebook mitgeteilt, dass ich ausgesorgt habe. Er bittet mich, ihm beim Transfer von 17 Millionen Dollar zu helfen, mein Anteil: 3,5 Millionen. Ich muss bloss für Gebühren und so 100 000 Dollar überweisen.


Mehr Liebe. Seit kurzem habe ich allerdings Bedenken. Nein, ich zweifle nicht an der Seriosität der Angebote. Sondern ob ich mit Jasmina die richtige Wahl treffe. Denn gestern haben mir Ludmila und Wanja gemailt. Seltsamerweise mit identischem Text: «When I close my eyes, I see you.»
Mehr alles. Jetzt muss ich mich bloss noch entscheiden: Jasmina, Ludmila oder Wanja, 5000 im Monat oder 3,5 Millionen aufs Konto. Ich lebe in der besten aller Welten.