Berner Zeitung, 7.9.2015


Adam sucht Eva

Nachdem Gott die Datingserie «Adam sucht Eva» auf RTL gesehen hatte, wusste er, dass er die Schöpfungsgeschichte umschreiben musste. Für Privat-TV-ferne Schichten: Menschen unterschiedlichen Geschlechts suchen und finden sich auf einer Insel, selbstverständlich Südsee. Männlein und Weiblein sind füdleblutt. Die Frauen tragen allerdings Stoffe, Zusatzstoffe, Implantate. Die Serie ist eine Leistungsschau des deutschen Silikongewerbes. Die vorläufig letzte Folge lief Ende August.


Adam findet Victoria Beckham. Bei der Genesis Version 2.0 also sah Gott, wie Adam einsam und verloren im Garten Eden herumhing. Er hatte Mitleid mit ihm und sprach: «Wenn du mir dein linkes Bein gibst, will ich dir eine Frau zur Seite stellen. Sie ist schön, gescheit, und ihre Brust ist gepimpt wie jene von Victoria Beckham.» – «Geil», dachte Adam, sagte dies aber nicht, er hatte ja eine gute Kinderstube. Doch dann, nachdem er eine Weile hin und her überlegt hatte: «Danke Herr, aber ein Bein, das ist mir zu teuer.»


Adam findet Jennifer Lopez. «Nun gut», sprach Gott, «wenn du mir deinen rechten Arm gibst, kriegst du eine Frau, die ist schön, gescheit, und ihr Po ist getunt wie jener von Jennifer Lopez.» – «Wow», dachte Adam, ging in sich und sagte dann: «Wirklich nett, Herr, aber ein Arm, nein, das ist mir zu teuer.» Dann schwieg er lange und rechnete hin und her. Schliesslich: «Was bekomme ich für eine Rippe?»


Adam findet Courtney Love und Kim Kardashian. Die Fortsetzung ist bekannt. Adam und Eva sind im Paradies. Die Schlange kommt, samt Apfel, samt Erkenntnis. Adam erkennt erstens, dass er diese Geschichte mit Arm, Bein und Rippe schon mal irgendwo in einem Witzblatt gelesen hat. Und zweitens, angeregt durch die RTL-Hormonoffensive, erkennt er, dass er eine andere Eva will. Gott, milde gestimmt und als Mann mit Adam solidarisch, lenkt ein. «Nun ja», sagt er, «ich habe da noch ein Premium-Angebot, vorne aufgebläht wie Courtney Love, hinten aufgeplustert wie Kim Kardashian.» – «Wow, mega», entfährt es Adam. «Aber was willst du dafür?» – «Dein Hirn», sagt der Allmächtige.