Berner Zeitung, 25.8.2015

Alles über Trost

Mir  geht es schlecht. Kürzlich lag die Zahnarztrechnung in meinem  Briefkasten. Ausserdem habe ich kaum mehr Haare auf dem Kopf. Und vorletzte Woche haben die Windböen eine Fensterscheibe zertrümmert. Dies allein sind schon genug Gründe fürs Schlechtgehen. Aber es kommt noch schlimmer. Denn Unglück kommt selten allein. Sondern stets begleitet von  den Sprüchen  der  Trost spendenden Mitmenschen.

Trost durch saudumme Scherze. «Tja, an deinen Zähnen nagt halt der Zahn der Zeit», sagte meine Partnerin, als ich ihr zeigte, welch grosses Loch der Zahnarzt in mein Konto bohren wollte. «Du hast eine Pechsträhne», kommentierte der Kollege meinen Haarausfall. Und dass Scherben Glück bringen würden, erklärte die Nachbarin nach dem Sturm.

Trost durch saudumme Vergleiche. Nah verwandt mit dem TdsdS (Trost durch saudumme Scherze) ist der TdsdV,  der Trost durch saudumme Vergleiche. Als wir diesen Sommer abends in Oslo die Fähre nach Deutschland verfehlten und viel Geld für ein neues Ticket und  ein scheussliches Hotelzimmer blechen mussten, wollte mich ein Bekannter später aufmuntern, indem er erklärte, dass er kürzlich den Zug nach Zürich verpasst habe. Als ich vor Jahren an entsetzlich schmerzhaften Gallenkoliken litt und dies einem anderen  Bekannten klagte, tröstete er mich mit seiner Erkältung samt  schlimmem Husten. Und riet mir zu homöopathischen Kügelchen.


Trost durch saudumme Ratschläge. Womit wir beim  TdsdR wären, beim Trost durch saudumme Ratschläge. Eben, Chügeli gegen Koliken. «Kauf dir doch einen Hund», schlug die Verwandte vor, als unsere Katze starb. Ausgerechnet einen Hund! «Nimms doch als Chance», sagte der Inhaber der Werbeagentur, als er mich in den Achtzigern  mangels  Aufträgen als Texter entliess.

Trost von ganz oben. Wenn dieser Kolumnist dereinst seinen Lebensweg abgeschritten hat, wird er hoffnungsfroh vor der Himmelspforte stehen. «Nichts da», wird Petrus sagen und  ihn  nach unten in den dunklen  Höllenschlund verweisen.  «Mach das Beste draus», wird er ihm nachrufen.
peter.steiger@bernerzeitung.ch