Berner Zeitung, 14.12.2015


Mehr stehend pinkeln


Jetzt, zwei Wochen vor Silvester, ist genau die richtige Zeit für die Neujahrsvorsätze. Zum einen, weil ich so der Erste bin. Zum andern, weil ichsie bis Anfang Januar wieder vergessen habe.


Mehr grün. Beim Duschen gleichzeitig auch pinkeln. Das spart Wasser. Ich mach das ja bereits. Allerdings bloss aus Bequemlichkeit. Nächstes Jahr, das nehme ich mir nun ganz fest vor, tu ichs nicht mehr aus Faulheit, sondern um die Welt zu retten.


Mehr schön. Ein Tattoo stechen lassen. Hat heute ja jeder. Allerdings bleibt die Frage ungelöst, mit was man sich verschönern soll. Die Initialen der/des Liebsten? Liebe vergeht, Tattoo steht. Wirklich stabil drängt es mich eigentlich nur nach Lebkuchen. Einen Lebkuchen auf den Oberarm tätowieren? Aber wie sieht das aus, im Sommer, in der Badi?


Mehr Verzicht. Die elektrische Zahnbürste entsorgen. Beim Ranking der unnützen Maschinen belegt sie einen Spitzenrang. Sie verpflichtet einen, die längsten zwei Minuten des Tages durchzustehen und den Kerl da im Spiegel anzustarren.


Mehr Geld. Endlich massig verdienen. Der Loeb hat in Bern die letzten manuellen Warenhaustüren der Welt. Beim Ausgang Schauplatzgasse, wo die Busse halten, hab ichs ausprobiert: Vor allem jetzt im Dezember hat ein höflicher Mensch einen Dauerjob: Türe offen halten. Für den Mann mit dem Kinderwagen, für die alte Dame mit dem Rollator, für den 16-Jährigen mit den Pickeln, für die Hornussergesellschaft Mülchi-Kriechenwil. Wenn ich von jedem 50 Rappen bekomme, sähe ein Sechser im Lotto im Vergleich ziemlich müde aus.


Mehr Runzeln. Ich trag ja so Salben auf, Anti-Aging. Nützt nichts. Weg damit. Die Falten kommen wie Unkraut. Ungerufen und immer mehr. Ich habe mal in einer Werbeagentur gearbeitet. Wir betreuten eine Kosmetiklinie. Sie führte nicht zu selten zu Hautausschlägen. Statt dass die Firma die Zusammensetzung verbesserte, mussten wir eine neue Verpackung entwerfen.


Mehr ehrlich. Im Tram nie mehr schwarzfahren. Mit dem Velo nie mehr bei Rot über die Kreuzung. In der blauen Parkzone nie mehr schummeln. Beim Kollektenkässeli nie mehr so tun, als ob. Wird ziemlich öde, dieses nächste Jahr.
peter.steiger@bernerzeitung.ch