Berner Zeitung, 5.3.2012

 

Wir armen Alten brauchen Rabatte. Dringend


Noch nicht jetzt, aber bald wollen die SBB den AHV-Rabatt für die Generalabonnemente abschaffen. Gut so. Die Seniorenermässigung stammt aus einer Zeit, als alt gleich arm war. Heute hat ein mittleres Rentnerehepaar ein Monatseinkommen von rund 6000 Franken und damit weit mehr als eine Durchschnittsfamilie.
Eigentlich wären Rabatte für Ausländer sinnvoller. Bedürftigkeit lässt sich nicht übers Alter erkennen. Wenn schon, dann über den Zivilstand. GA-Rabatte für Alleinerziehende wären ein Ansatz. Am präzisesten lässt sich die Kaufkraft anhand des Herkommens einordnen. Ausländerfamilien aus südlichen Staaten sind die sozial schwächste Gruppe. Alle Kosovo-Albaner gondeln günstig durch die Schweiz. So viele Kleider gibts gar nicht, damit sich jene netten Linken warm anziehen könnten, die das fordern würden.

Auf dem Weg zum Friedhof gibts Schnäppchen aufzuheben. Vorläufig gibts die Rabatte für uns arme Alte noch. Und da heissts die steifen Glieder munter bewegen und Vergünstigungen einsammeln. Damit die Jüngeren ahnen, wie erfreulich das Seniorenleben ist: Wir können günstiger ins Kino und ins Museum. Leider fragt uns nie jemand nach einem Altersausweis. Als Beweis genügen die Falten. Und die Bank belohnt uns mit einem Nanozuschlag auf den mit blossem Auge schon längst nicht mehr sichtbaren Sparkontozins.

Denn ein Chauffeur kostet. Es lohnt sich auch, über die engere Heimat hinauszublicken: Der Limousinenservice Lüdi im solothurnischen Bettlach gewährt uns 10 Prozent, wenn wir einen Mercedes der S-Klasse, Langversion, mit Chauffeur chartern. Bei Coiffure Sandra in Gähwil SG können wir am Dienstag die Haare um 10 Prozent günstiger schneiden lassen. Vor allem bei Männern macht das Sinn. Das bisschen da oben gibt ja nicht mehr viel zu tun.

Reisen ist so teuer. Bei der Erlebnis-Luftseilbahn Dallenwil–Wirzweli profitieren wir von einem Nachlass von 20 Prozent. Die kanadische Eisenbahngesellschaft gewährt Rabatte in der Economyclass. Und nicht zu vergessen: Der Sternen in Bümpliz serviert mittags einen Seniorenteller für bloss 10 Franken, allerdings erst ab 13 Uhr.

Tätlich rentnern ist fast unbezahlbar. Wenn ichs mir recht überlege, sind solche AHV-Schnäppchen doch eine gute Sache. Denn, und nun folgt der ernste Teil: Das dritte Alter kostet mehr, als mir bewusst war. Viel mehr. Jetzt, neun Monate nach dem Rentnerstart, ist eines gewiss: Das damals minutiös kalkulierte Haushaltbudget ist das Papier nicht wert. Die neue Freiheit verschlingt enorm viel Geld. Die Ferien um drei Tage verlängern ist wunderbar, kostet aber Fr. 412.50. Die Ferien zwei Tage früher beginnen ist wunderbar, kostet aber Fr. 364.70. Wie können die SBB so unbarmherzig sein und den Seniorenrabatt für uns arme Alte streichen?