Berner Zeitung, 30.7.2012


Wie uns die Werber die Rente aus dem Portemonnaie ziehen

Mit Senioren kann man keine Marktanalysen durchführen. Die wollen nicht analysieren, sondern nur jammern. Das schreibt der deutsche
Managementberater Otto Buchegger in einer Studie zum Thema
Seniorenmarketing. Auch wenn wir uns nicht für Meinungsumfragen eignen, haben die Werber und Verkaufspsychologen offenbar trotzdem
herausgefunden, wie sie uns die Rente aus dem Portemonnaie ziehen können.

Mit dem Leithammel. Gemäss dieser Untersuchung müssen Geschäftsmodelle einfach und verständlich sein, sonst kaufen wir Senioren nichts. Weiter sind wir für nichts oder fast nichts zu begeistern. Ausserdem begreifen wir englische Ausdrücke in der Werbung nicht. Und, aufgepasst: Wir kaufen, was Meinungsführer ordern. Gut sieht man dies bei Kaffee- oder Rheumadeckenfahrten. Wenn unser Leithammel das 144-teilige Tafelservice bestellt, unterschreiben wir ebenfalls einen Kaufvertrag. Zwanghaft. Es
geht einfach nicht anders.

Mit der Wetterfee. Bei der TV-Werbung reagieren wir gut auf Spots bei nachmittäglichen Spielfilmen und Tiersendungen. Ebenfalls auf uns zugeschnitten ist Fernsehreklame rund um den Wetterbericht am Morgen. Eher abzuraten ist von Abendsendungen. Hinausgeworfenes Geld schliesslich sind TV-Spots in den Nachtstunden.

Mit dem Gockel in uns. Für die Leserinnen und Leser einer Kolumne in einer Zeitung mit Reklame besonders wichtig: Wir sind empfänglich für Annoncen bei Todesanzeigen. Etwas weniger wirkungsvoll, aber immer noch gut geeignet: Inserate bei Kreuzwort- oder Sudoku-Rätseln. Um noch etwas tiefer ins Werberhirn zu blicken: Wir Senioren glauben, dass wir 15 Jahre jünger aussehen, als wir tatsächlich sind. Wer 80-Jährige ansprechen will, muss deshalb ein Bild eines 65-jährigen Spät-Girlies zeigen.

Mit dem netten Mann vom Hausdienst. Die Generation 80 plus ist für die Werbung noch längst nicht verloren. Doch wird das Concierge-Marketing wichtiger. Betagte und Hochbetagte werden von Vermittlern abhängig, von Angehörigen, Helfern oder eben vom Concierge der Altersresidenz. Die Werber müssen also zickzacken: Dem Jüngeren etwas für Ältere verkaufen.
Das alles hört sich deppert an. Offenbar stimmts dennoch. Sicher richtig ist folgende Empfehlung: Senioren soll man keine langfristigen Verträge verkaufen.