Berner Zeitung, 23.01.2012


AusSteiger
Achtung: Kremieren kann gefährlich sein


Dällebach Kari hat sein Begräbnis vorbereitet und sogar das Essen bezahlt. Das hat seine Nichte dem «Blick» erzählt. Der Berner Übercoiffeur war ein umsichtiger Mann. Auf Dällebachs Spuren habe ich in der letzten Kolumne über meine Sterbevorsorge berichtet. In zwei Berner Bestattungsinstituten informierte ich mich und entschied mich dann für Fichtensarg, Kremation, Nischengrab mit Steinplatte, Pfarrer mit Musik und für eine Kirche mit bescheidenem Blumenschmuck. Alles in allem schlicht und konventionell.


Das hat ein rundes Dutzend Leserinnen zu Reaktionen motiviert. Die meisten beschäftigte es, dass ich mich für eine 08/15-Abdankung entschieden hatte, und rieten mir zu Originellerem: Asche im Wald, Asche im Garten, Asche im See. Statt einer kirchlichen Feier empfahlen sie mir ein freies Ritual, statt eines Fichtensarges eine der «wirklich schönen» Arbeiten von Sarggestalterin und Polo-Hofer-Gattin Alice Hofer in Thun.

 

Scheintote sind häufiger, als man gemeinhin annimmt. Mit diesen Worten warnte mich eine Leserin eindringlich vor einer Kremation. Ausserdem erschwere das Feuer den Kontakt mit einem spiritistischen Medium. Damit die Seele genügend Zeit habe, um sich zu entmaterialisieren, sollten zwischen Tod und Feuerbestattung mindestens sieben Tage verstreichen. Eher kommerzielles Interesse ahnte ich bei jener Dame, die mir ihre Produkte für eine Aromatherapie anbot, mit der ich meine offenbar depressiven Neigungen bekämpfen könne, bitte Bestellformular anklicken. Auch an dieser Stelle bedanke ich mich recht herzlich für die gewiss gut gemeinten Hinweise. Beherzigen werde ich sie allerdings nicht.

 

Bei der Spar- und Einfachvariante bleibe ich, weil bei mir eine Bemerkung nachklingt, mit der ein Mitarbeiter des Bestattungsinstituts manche Angehörige kritisierte. Er ahne, dass manche Hinterbliebenen das Begräbnis gross anrichteten, weil sie sich schuldig fühlten. Erst liessen sie ds Müeti jahre- oder jahrzehntelang links liegen. Wenn die vernachlässigte Mutter sterbe, packe sie das heulende Elend.
Ist die alte Frau tot, wählen sie einen Luxussarg und eine Jumbodekoration, um das schlechte Gewissen zu beruhigen, so der Fachmann. Das Ding mit den Blumen funktioniert weder bei Lebenden noch bei Toten: Es klappt nicht, wenn der untreue Ehemann Blümchen heimbringt, weil er nach dem Seitensprung ein schlechtes Gewissen hat. Es klappt nicht, wenn die Hinterbliebenen florale Wunderwerke in die Kirche schleppen, weil sie vergessen wollen, dass sie sich zu wenig um die Tote gekümmert haben.